Advent der Christen – Advent der Muslime

Die Muslime sind vielleicht noch mehr in Erwartung als die Christen. Sie erwarten eine Renaissance ihrer Religion, dass mehr Menschen dem Propheten Mohammed folgen, indem sie den Koran zur Richtschnur ihres Lebens machen, um so die Hingabe an Gott zu leben. Die Christen bleiben abwartend und hoffen, dass diese Wiederbelebung des Islam nicht durch Gewalt herbeigeführt wird. Das kann aber nicht die ganze Antwort sein.

Adventskranz

Foto: hinsehen.net

Der religiöse Aufbruch kann nicht politisch beantwortet werden

Wenn westliche Politiker sich treffen, dann ist der Islam meist Thema. Ob es ich um den Krieg in Syrien handelt oder um Attentate, die Politik allein wird einer aufkommenden religiösen Bewegung niemals Herr. Die christlichen Konfessionen reagieren nicht mehr in der Weise, dass sie zum Kampf gegen den Islam aufrufen. Sie billigen zwar den staatlichen Kräften zu, dass diese die Bürger vor Übergriffen schützen. Jedoch haben sich die Christen mit einer politischen Ordnung arrangiert, die die Religion zwar zulässt, aber diese unter politischer Kontrolle hält. Es gab auch nach den Konfessionskriegen keine andere Lösung. Wenn Religion sich so destruktiv zeigt, dass sie die Existenz nicht nur der Staaten, sondern auch der Menschen bedroht ist, dann mussten die politischen Kräfte die Religion aus dem öffentlichen Raum herausdrängen und zur Privatsache erklären, um sie ihres politischen und damit oft destruktiven Anspruchs zu berauben. Frankreich hat diese Linie noch entschiedener verfolgt als Deutschland, obwohl der Konfessionskrieg dort lange nicht so verlustreich geführt wurde. Im Folgenden wird dafür plädiert, dass sich Kirchen wie Politik anders auf die Renaissance des Islam einstellen und andere Mittel einsetzen als dass Frankreich und die USA Flugzeugträger in den Nahen Osten beordern und das inzwischen wieder sich orthodox-christlich bekennende Russland mit seinen Jagdbombern die Lösung gefunden zu haben glaubt. Russland ist selbst vom militanten Islam bedroht.

Der Islam als integraler Teil des Staates

Die junge Generation sieht in einer Wiederbelebung des Islam ihre Zukunft. Das nicht zuletzt deshalb, weil sie im Nahen Osten meist unter Diktatoren lebt und in den muslimischen Staaten Zentralasiens die Korruption ihnen eine Zukunftsperspektive verstellt. Ziel der Reformer ist es, den Staat unter das Recht des Koran‘ zu stellen, weil sie nur in der Religion die Werte finden, die sie für tragfähig erachten. Die Übernahme westlicher Staatsmodelle ist deshalb unwahrscheinlich, weil der Westen ja als militärische Macht auftritt, die den Islam bekämpft.

Die Lösung des Christentums

Anders als Mohammed ist Jesus zwar mit einem Machtanspruch aufgetreten, den er aber nicht politisch untermauert hat. Der von den Juden erwartete Messias hätte diese politische Macht beanspruchen müssen und sogar, wie sein Vorfahre David, Israel mit militärischen Mitteln von den Übergriffen seiner Feinde befreien sollen. Die Juden erkennen ja deshalb Jesus nicht als den verheißenen Messias an, weil er das Reich Davids nicht wiederhergestellt hat. Jesus wird nach seiner Taufe am Jordan ein Reich Gottes verkünden. Dieses ist aber nicht von außen zu erkennen, sondern wächst in den Herzen. Wenn Jesus dieses Reich mit der keimenden Saat auf einem Acker vergleicht, dann wird auch die Ernte eingefahren. Es ist eine Ernte der Herzenskräfte, nicht ein politischer Erfolg. Das Kind, das die Hirten und die Weisen aus dem Irak in der Krippe finden, richtet ein geistiges Reich auf. Er wird auch der Herr dieses Reiches sein und seine Herrschaft nach Ostern vom Himmel ausüben – durch seinen Geist, den er sendet. Das Reich Gottes wird sich erst nach Ablauf der Geschichte in seiner vollen Gestalt zeigen. Endgericht heißt dann auch, dass es für den einzelnen nicht gleichgültig bleibt, ob er, ob sie am Aufbau dieses Reiches mitgewirkt haben Jesus wird es beim letzten Akt der Geschichte durchsetzen und das in den einzelnen überwinden, was dem Kommen dieses Reiches entgegensteht. An Mohammed knüpfen sich übrigens solche Erwartungen nicht.

Erwartungen, die wir zur Krippe mitbringen

Es wird uns also bei Gang zur Krippe einiger Glaube abverlangt. Aber gehen wir nicht zur Krippe mit der Erwartung, dass dieses Kind wirklich die Wende gebracht hat. Dieser Glaube schien lange nicht so problematisch, wird aber jetzt durch eine neue Erscheinungsform gewalttätiger Religion herausgefordert. Deshalb sind die Entwicklungen im Islam von Bedeutung, die den Anspruch des Islam gleich wie das Christentum geistig und nicht politisch verstehen. Die Sufitraditionen wie auch die Ahmadiyya-Bewegung zeigen, dass es mit dem Islam diese Ebene geben kann. hinsehen.net bleibt diesen Fragen weiter auf der Spur.

Eckhard Bieger S.J.

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