Dialog mit dem Islam – wenig Perspektiven

Dialog ist der Ausweg aus der gewaltsamen Konfrontation. Aber was wäre das Ziel, das erreichbar wäre? Wie der Islam leiten sich Judentum und das innerhalb des Judentums entstandene Christentum von Abraham her. Die drei Religionen eint auch die Absage an den zu ihrer Entstehungszeit herrschenden Polytheismus. Wolfgang G. Schwanitz, Islamwissenschaftler und Mittelostexperte sieht nur begrenzte Möglichkeiten eines Dialogs. Er schreibt jede Woche zum Mittelostkonflikt bei explizit.net.

Foto: hinsehen.net

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 Die spätere Religion muss sich durchsetzen

Der Islam versteht sich als strikt monotheistische Religion und sieht im Christentum eine Form des Polytheismus, denn die Gottessohnschaft Jesu und die göttliche Natur des Heiligen Geistes gilt es im Sinne der vollkommeneren Idee des Einen zu überholen. Das ist der inhaltliche Aspekt. Es gibt ein psychologisches Motiv, das vielleicht noch wirksamer ist, nämlich dass die spätere Religion nur eine Daseinsberechtigung hat, wenn sie den vorausgehenden überlegen ist. Während das Christentum seinen Missionsimpuls aus der Heilsbotschaft ableitet – alle Menschen müssen in den Genuss der Erlösung kommen – ist im Islam der Missionsauftrag direkt mit dem Wahrheitsanspruch der Religion verbunden. Während das Christentum die Menschen deshalb zu Gott führen will, damit sie ihr Heil finden, kann nach dem Islam Gott nur auf der Basis des Korans und der Scharia angemessen verehrt werden.

Das Ende der Welt kann durch Mission beschleunigt werden

Wie das Christentum kennt der Islam auch eine Person, die mit der Endzeit verbunden ist. In Sure 2 heißt es:  „Wer an Allah und den Jüngsten Tag glaubt und Gutes tut, erhält seien Lohn….“ Während im Christentum der auferstandene Christus auch am Ende der Geschichte die zentrale Rolle spielen wird, ist es im Islam nicht Mohammed, sondern Mahdi, bei den Schiiten u.a. der Zwölfer-Imam. Vom Christentum wird die Wiederkunft Jesu übernommen.

Anders als im Christentum kann das Ende der Welt durch die Mission beschleunigt werden. Je früher die Welt bekehrt ist, desto eher das Weltende. Auch hier ist der Impuls stärker, die Mission energischer zu betreiben. Ein dritter Aspekt kommt hinzu:

Religion von oben

Allein die Geschichte bewirkt einen Unterschied und damit eine andere Prägung, die den Dialog erschwert. Das Christentum ist eine Religion von unten. Es hat nach dem Tod Jesu fast 300 Jahre ertragen müssen vom Staat abgelehnt zu werden. Die christlichen Märtyrer sind nicht im Kampf, sondern durch Gerichtsurteile, durch Zirkusspiele, durch primitiven Mord umgekommen. Der Islam wurde, wie später auch das Christentum, von Oben durchgesetzt. Mohammed errang in Medina die politische Macht. Seitdem ist Islam mit politischer Machtausübung verbunden. Der Islam muss daher nicht so eindeutig auf Überzeugung setzen. Da die militärische Einnahme  Mekkas durch Mohammed als Erweis der Richtigkeit des Korans gilt, ist militärische Überlegenheit, anders als bei den alttestamentlichen Propheten und bei Jesus ein Erweis für die Wahrheit der Religion. Warum dieses Beweismittel nicht einsetzen? Aber dann ist der Dialog nur das vorletzte Mittel.

Emotional wirkende Tiefenstrukturen

Wie zwischen den christlichen Konfessionen gibt es auch gegenüber dem Islam tiefergehende Mentalitätsunterschiede. Es ist einmal die Beziehung zu Gott. Für die Christen ist Gott im Messias Jesus Christus dem Menschen nahe gekommen. In Gebeten wie schon in der frühen theologischen Reflexion gilt die menschliche Natur durch die Menschwerdung des Sohnes als vergöttlicht. Für den Muslim ist Gott nicht nahe, sondern entrückt. Er hat seine Gesetze und Forderungen durch den Propheten verkündet. In der Nachfolge des Propheten sind die Kalifen entscheidend, die sowohl für das religiöse wie das staatliche Leben die religiös legitimierte Autorität sind. Die Vorstellung, dass Gott den Menschen unmittelbar auf seinem Lebensweg begleitet, prägt das religiöse Bewusstsein der Muslime kaum.

Das Verständnis des Martyriums deutet auf eine tiefgehende andere Einstellung zum Leben hin. Im Islam geben gerade junge Menschen ihr Leben in der Erwartung auf eine andere Existenz hin, nicht erleidend, sondern kämpfend. Das für den Westen unverständliche Phänomen, dass junge Menschen in den Jihad ziehen, um zu sterben, ist wohl der Unterschied, der durch Dialog am schwersten zu überbrücken ist. Martyrium wird auch im Christentum als ein von Gott gegebener Auftrag verstanden, jedoch als Teilhabe am erlösenden Leiden Jesu, nicht als Tod im bewaffneten Kampf.

Gewaltthematik und drei dreieinige Gott

Für die christliche Seite im Dialog müsste die Gewaltfrage auch religiös im Zentrum stehen. Schwanitz weist auf die übliche Reaktion, auch des amerikanischen Präsidenten Obama, hin, die Gewaltakte hätten mit dem wahren Islam nichts zu tun. Das entspreche nicht einem zutreffenden Verständnis des Islam. Für den Dialog ist hier anzumerken, dass im Christentum das Kreuz die Gewaltthematik zum Ausdruck bringt, während es im Islam das Sterben im Kampf gegen die Feinde Allahs ist.

Für die Christen stellt der Islam weiter die entscheidenden Fragen nach dem Gottesbild. Muss das Gebet zum „Vater durch den Sohn im Heiligen Geist“ aus dem Dialog herausgehalten oder vielmehr ins Zentrum gerückt werden? Die Fixierung der Gebetspraxis auf Jesus, im Katholizismus durch die Herz-Jesu-Verehrung ausgeprägt und sollte kritisch reflektiert werden. Sie ist als häretisch zu bezeichnen, wenn sie den Blick einschränkt. Die liturgischen Gebete in dem Messbuch, das nach dem letzten Konzil erarbeitet wurde, richten sich alle an den dreieinigen Gott. Als „frömmer“ gilt aber weiterhin die Verehrung des Herzens Jesu.

Es könnte sein, dass die theologischen Unsicherheiten der Christen eher die Angst vor dem Islam stärken als den Dialog zu befördern.

Eckhard Bieger S.J.

Ein Gedanke zu “Dialog mit dem Islam – wenig Perspektiven

  1. Speziell der letzte Absatz ist sehr verwirrend,das Hl.Herz Jesu steht der Dreieinigkeit nicht im Wege.Es ist vielmehr die Gnadenquelle der Goettlichen Liebe,von Haeresie sind wir da weit
    entfernt!Vergleiche zwischen den Religionen sind immer problematisch und koennen nie
    zu einer Uebereinstimmung fuehren,hoechstens zur Anerkennung der Verschiedenheit und
    das geht nur mit Respekt und gutem Willen!

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