Kann ein Computer Gott beweisen?

Ist ein Computer in der Lage Gott zu beweisen? Was genau kann er beweisen? Woran scheitert der Rechner?

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Foto: WikiCommons Gyga

Der ontologische Gottesbeweis nach Kurt Gödel

Zwei Wissenschaftler haben entsprechend den Vorgaben eines Mathematikers einen Computer programmiert, der eine logische Beweiskette bestätigt hat: Gott existiert. Was ist das Besondere? Dass ein Computer etwas kann, was viele Menschen denkerisch nicht schaffen, nämlich einen stringenten Beweis für die Existenz Gottes zu liefern? Oder kann man eine Beweiskette logisch so anlegen, dass ein Computer derart programmiert werden kann, dass seine Operationen zu dem Ergebnis führen: Gott existiert.

Die beiden Wissenschaftler sind Christoph Benzmüller von der Freien Universität Berlin und Bruno Woltzenlogel Paleo von der Technischen Universität Wien. Ihre Ergebnisse werden vom Spiegel hier referiert.

Die Logik steuert die Computer

Es ist nicht der Computer, der zu der Erkenntnis kommt. Vielmehr liegt jedem Rechenprogramm eine Logik zugrunde. Der Computer arbeitet die logischen Schritte ab. Er „versteht“ aber nicht, was er rechnet. Deshalb kann er Gott nicht errechnen, Menschen können sich aber mit dem Wort „Gott“ ein Wesen vorstellen, das Urheber des Kosmos und damit auch letzter Bezugspunkt für das Denken ist. Weil der Mensch auf einen absoluten Bezugspunkt angelegt ist, kann er überhaupt „Wahrheit“ von Unwahrheit unterscheiden. Der Computer kann nur „Richtigkeit“ erkennen, nicht aber, ob ein Satz auch der Wirklichkeit entspricht.

Erstaunlich ist, dass diejenigen, die die Existenz Gottes verneinen, verstehen, was mit „Gott“ gemeint ist. Woher haben sie dieses Verständnis? Sie können auch mit Theisten darüber diskutieren, was mit „Gott“ eigentlich zu verstehen ist. Das hat auch Gödel zuerst gemacht. Um eine Logik zu entwickeln und sich damit einem Gottesbeweis logisch zu nähern, füllt Gödel den Begriff „Gott“ mit allen Eigenschaften, die positiv sind. Gott ist das Wesen, das alle positiven Eigenschaften in sich vereinigt. Um sich der Vorstellung von einem Wesen zu nähern, das alle positiven Eigenschaften ins sich trägt, kann man sich zu jeder positiven Eigenschaft ein Wesen denken, das Träger dieser Eigenschaft ist. Zumindest ist ein solches Wesen möglich. So kann ein Wesen, das alle positiven Eigenschaften in sich vereint, ohne in einen logischen Widerspruch zu geraten, auch als möglich gedacht werden. Wie folgt aber aus der Möglichkeit die Wirklichkeit der Existenz? Wie kommen wir aus unserem Denken heraus?
Kann es einen gedachten Gott geben?

Die Intuition von einem Wesen, das absolut ist, also keine negativen Eigenschaften besitzt, nicht zerstört werden kann, immer in der Wahrheit steht und gerecht ist, brauchen wir für unser Denken, damit wir Wahrheit als etwas Wirkliches verstehen dürfen. Denn eine nur gedachte Wahrheit ist keine Wahrheit, sondern nur etwas möglich Wahres, es könnte auch nicht wahr sein. Ebenso die Idee der Gerechtigkeit: Wenn es nirgendwo Gerechtigkeit ohne Abstriche gibt, dann ist sie nur gedacht. Dann hätte diese Idee aber nicht die Kraft, dass Menschen immer wieder gegen Ungerechtigkeit vorgehen und für die Verwirklichung der Gerechtigkeit ihr Leben aufs Spiel setzen. Schon Anselm von Canterbury hat für den Beweis der Existenz Gottes diese Dynamik aufgegriffen. Erst ein absolutes Wesen, das es wirklich gibt, ist wirklich absolut. Denn einem absoluten Wesen, das wir uns nur ausdenken, fehlt das Entscheidende für seine Vollkommenheit, nämlich, dass es auch existiert. Wenn Gott Gott sein soll, dann darf er nicht nur eine menschliche Vorstellung sein, es muss ihn geben. Ähnlich argumentiert Gödel: Wenn Gott möglicherweise notwendig existiert, dann gibt es zumindest in unserem Denken diese Notwendigkeit. Wenn aber notwendig, dann nicht nur in unserem Denken, sondern in jeder Welt, sei es die Vorstellungswelt eines anderen Menschen oder in einem anderen Kosmos.

Und die Atheisten?

Der Spiegel argumentiert in der üblich lässigen Weise: „Bemerkenswert an all diesen cleveren Argumenten ist, wie wenig Überzeugungskraft sie haben. Es ist unwahrscheinlich, dass je eines von ihnen einen Atheisten bekehrt hat. Auch wenn seine Existenz tausendmal bewiesen würde: Gott bleibt Glaubenssache.“ Das hieße ja, es hängt von den Atheisten ab, ob es Gott gibt. Als könnten Atheisten über eine Wirklichkeit ein Urteil fällen, die den Menschen so überragt, dass er sie nie verstehen kann. Zudem ist das Argument genauso hinfällig wie die Weltsicht des Spiegel. Dieser geht ja in seiner Sicht vom Menschen davon aus, dass letztlich das Geld die Welt regiert. Das stimmt weitgehend, aber Denker wie Gödel ermöglichen eine andere Sicht des Menschen, der „capax Dei“ „Gottes fähig“ ist.

Nun wird man einem Menschen, für den die Vermehrung des Geldes das oberste Lebensziel ist, nicht verständlich machen können, dass man auf Geld verzichten kann und gerade dadurch erst glücklich wird. Auch wenn Franz von Assisi das überzeugend demonstriert hat. Den Atheisten ist auch zuzugestehen, dass das Leben anspruchsvoller wird, wenn ich Gott in meinen Alltag einbeziehe. Es ist verständlich, dass Menschen diesen Anspruch für sich nicht gelten lassen wollen. Aber wenn sie die Existenz Gottes grundsätzlich leugnen, dann akzeptieren sie implizit den Gedankengang von Anselm von Canterbury, von Leibniz und Gödel, dass das Absolute, auf das der Menschen ausgerichtet ist, auch notwendig existieren muss. Denn nur wenn es nicht existiert, hat es auch keinen Anspruch darauf, unser Denken und noch weniger, unser Handeln zu bestimmen. Wenn Gott nur eine Vorstellung wie die „Insel Atlantis“ wäre, müsste ich nicht dagegen anrennen und die Nicht-Existenz beweisen. Eine nicht-existierende Insel kann keinen Anspruch mir gegenüber erheben, ebenso wenig ein nicht-existierender Gott. Weil einige Atheisten unbedingt beweisen wollen, dass es das Absolute nicht gibt, halten sie es für so entscheidend, dass es nicht sein darf. Denn beweisen, dass es Gott nicht gibt, kann niemand. Kritiker können nur die Beweiskraft der Gottesbeweise infrage stellen.
Persönliche Nachbemerkung des Autors

Der Gedankengang von Gödel wurde mir schon vor Jahren von Benedikt Richter erklärt. Ich hatte ihn in etwa verstanden, aber nicht die Gelenkstellen des Beweises, die Gödel herausgearbeitet hat. Ich habe Richters Darstellung des Gödel‘schen Beweisganges jetzt noch einmal durchgelesen und meine, sie verstanden zu haben. Ich persönlich halte den sog. Ontologischen Gottesbeweis, der vom umfassenden und damit absoluten Sein Gottes ausgeht, für den tragfähigsten.

Die Darstellung von Gödels Gedankengang findet sich bei kath.de im Lexikon Philosophie&Theologie hier.

Eckhard Bieger S.J.

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